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Übergabe des historischen Herbars von Andechs durch den Vorsitzenden des Heimatvereins Erling-Andechs, Manfred Scheffold, an die Direktorin der Botanischen Staatssammlung, Prof. Dr. Gudrun Kadereit und den Herbariumskurator Dr. Andreas Fleischmann.
Foto: Diana Geier, SNSB

Historische Herbarien aus dem Kloster Andechs
an die Botanische Staatssammlung München übergeben


Der Heimatverein Erling-Andechs hat der Botanischen Staatssammlung München (SNSB-BSM) zwei historische Herbarien aus dem Kloster Andechs übergeben – darunter das wahrscheinlich älteste bisher bekannte Herbar Bayerns. Die beiden Herbarien wurden im Juli 2023 feierlich an Prof. Dr. Gudrun Kadereit, der Direktorin der Botanischen Staatssammlung sowie des Botanischen Gartens
München-Nymphenburg überreicht.


Die Botanische Staatssammlung München kann sich glücklich schätzen: Nur den aufmerksamen Mitgliedern des Heimatvereins Erling-Andechs ist es zu verdanken, dass die beiden kostbaren Herbarien entdeckt und ihr Wert erkannt wurde. Die historischen Schätze kamen im Kloster Andechs ganz zufällig bei Baumaßnahmen im Speicher ans Tageslicht. Es handelt sich dabei um zwei historische Herbarien, das heißt Sammlungen getrockneter Pflanzen, aufgeklebt auf sogenannte Herbarbögen. Die beiden „Andechser Herbarien“ stammen aus den Jahren 1742 bzw. 1878. Damit dürfte das ältere der beiden eines der ältesten - wenn nicht sogar das älteste – bisher bekannte Herbar aus Bayern darstellen – gerettet durch den glücklichen Zufallsfund im Kloster Andechs und nun fachmännisch aufbewahrt und wissenschaftlich kuratiert in der Botanischen Staatssammlung München.

Das jüngere der beiden Herbarien enthält Pflanzen, die laut Etikett durch „P. Ambrosius Böck […] in Andechs im Sommer 1878 gesammelt“ wurden und beinhaltet etwa 100 in Zeitungen eingelegte gepresste Pflanzen aus der Gegend um Andechs. Das ältere Herbar ist in gebundener Buchform gestaltet, als sogenanntes Pflanzenbuch, und enthält 106 paginierte Seiten. Sein Titel „Sylvester de Boricanis ex Castro franco. Anno D‘ 1742 Padua Mense Maij“ gibt Hinweise auf den Pflanzen-Sammler: Sylvester de Boricani aus Castelfranco. Die Jahreszahl bezieht sich vermutlich auf Monat und Jahr der Herstellung des Herbarbuches im Monat Mai des Jahres 1742.

„Es ist unwahrscheinlich, dass mit Mai 1742 das Sammeldatum der Pflanzen gemeint ist. Denn unter den vielen im blühenden Zustand gepressten Pflanzen in diesem Werk sind auch etliche, die im Mai nicht blühen, so etwa Natternkopf, Heilziest und Ysop. Es ist wahrscheinlicher, dass die einzelnen Pflanzen über eine längere Zeit gesammelt und gepresst wurden, und erst das Gesamtwerk im Mai 1742 in Padua fertiggestellt wurde“, vermutet Dr. Andreas Fleischmann, Kurator für Blütenpflanzen an der Botanischen Staatssammlung München.

Pro Seite sind in dem Büchlein je drei bis fünf Pflanzen aufgeklebt und mit einem nummerierten Etikett versehen, das neben dem Pflanzennamen manchmal noch einen beschreibenden kurzen lateinischen Text enthält. Überwiegend sind Pflanzen aus dem Mittelmeergebiet vertreten, daneben aber welche aus gemäßigten Gebieten. Es finden sich auch einige Zierpflanzen, wie Kapuzinerkresse, sowie viele Heilpflanzen, die vermutlich in einem Klostergarten aufgesammelt wurden. Die Pflanzen sind weitestgehend nach ihrer Verwandtschaft sortiert. Auf den Etiketten ist die Benennung der Pflanze angegeben, teilweise ergänzt durch ihren Verwendungszweck
z.B. „zu Heilzwecken“. Dieses „Andechser Herbar“ ist eine historische und wissenschaftliche Kostbarkeit. In Deutschland dürften nur sehr wenige Exemplare solch alter Herbarien existieren: Das älteste davon ist das Ratzenberger Herbarium im Kasseler Ottoneum, das von 1556 bis 1592 angelegt wurde. Auch im Herbarium Göttingen finden sich drei noch ältere Herbarien: Das Albrecht von Haller Herbarium und die Plantae Malabaricae stammen jeweils von 1732-1733, das Herbarius Vivus, ursprünglich aus Leiden in Holland, wurde wahrscheinlich um 1700 erstellt.

Die Botanische Staatssammlung München, wo die beiden kostbaren bayerischen Pflanzensammlungen nun aufbewahrt sind, gehört zu den Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB). Sie wurde 1813 als „Herbarium Regium Monacense“ (Königliches Münchner Herbar) durch König Max I Joseph und die Bayerische Akademie der Wissenschaften gegründet, und umfasst heute mehr als 3,2 Millionen Herbarbelege – darunter auch einzelne sehr alte Belege, die zum Teil sogar aus dem späten 17. Jahrhundert stammen und über historische Pflanzensammlungen hinzukamen. Doch das „Andechser Herbar“ ist nun das älteste Herbar, das der Botanischen Staatssammlung München bisher zugegangen ist.

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Das historische Herbar aus dem Kloster Andechs von 1742 besteht aus fast 400 einzeln auf Papierseiten montierten Pflanzen, die vor allem im Mittelmeergebiet gesammelt wurden, darunter viele Heil- und Nutzpflanzen. Foto: Andreas Fleischmann, SNSB

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